Wer in eine Verhandlung geht, sieht sich immer mehreren Kontrahenten gegenüber, auch wenn er nur einen einzigen Verhandlungspartner trifft. Denn die gegnerische Seite besteht immer aus mehreren Dimensionen, so wie Sie selbst auch mehr als die eigene Persönlichkeit repräsentieren. In der Vorbereitung auf eine Verhandlung spielt deshalb das Verhältnis des Verhandlungspartners zu seinen Macht bildenden Faktoren eine große Rolle.
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Machtposition und Verhandlungspartner
Treffen zwei Verhandlungspartner auf Augenhöhe zusammen, liegt es allein am Geschick jedes Einzelnen, wie sein Verhandlungserfolg ausfällt. Ein großes Ungleichgewicht in der Machtposition beeinflusst den Verlauf einer Verhandlung dagegen sehr. Deswegen muss es das Ziel jedes Verhandlungspartners mit einer schlechteren Ausgangsposition sein, so viele Macht bildende Faktoren wie möglich in der Verhandlung auszuschließen oder zu minimieren, um auf eine annähernde Ebene mit der Gegenpartei zu gelangen.
Verhandlungspartner mit mehreren Lieferanten
Der typische Fall einer absoluten Unterlegenheit findet sich bei Zulieferern, die einen großen Produzenten bedienen. Dieser kann es sich aussuchen, von welchen Unternehmen er seine Teile bezieht. Deswegen finden diese Verhandlungen fast ausschließlich unter dem Aspekt der Preisminimierung statt. Der Lieferant kann sich bereits vor der Verhandlung ausrechnen, zu welchem Preis er den Auftrag erhalten würde (siehe auch „Preisverhandlung„). Dieser ergibt für ihn meist nur den wirtschaftlichen Vorteil, über längere Zeit einen garantierten Absatz von großen Volumen zu erhalten. An eine Reduzierung der Machtposition des Großproduzenten ist nicht zu denken. Der Sinn der Verhandlung besteht lediglich darin, die Zeit des garantierten Absatzes zu verlängern. In dieser Zeit aber kann eine punktuelle Annäherung erfolgen. Der Zulieferer hat die Möglichkeit, über einen längeren Zeitraum die Entwicklung des Abnehmers zu beobachten und seine Produktion darauf einzustellen. Das betrifft die standardisierte Produktion genauso wie Neuentwicklungen. Das Vertrauensverhältnis außerhalb der Machtstruktur steigt in dem Maße, wie der Zulieferer auf die Bedürfnisse des Abnehmers reagieren kann. Bei Konkurrenzangeboten verfügt er über einen Bonus aus der erfolgreichen Beziehung (siehe auch „Verhandlungen im Einkauf„).
Verhandlungspartner mit spezifischem Anspruch
Die Unterschiede in der wirtschaftlichen Stärke und der Marktstellung können ebenfalls groß sein, aber so wie ein kleineres Unternehmen an einen Verhandlungspartner mit einem spezifischen Anspruch gerät, sind die Chancen auf einen Ausgleich erheblich größer. Es geht nicht nur darum, dass sich der Kreis der Konkurrenten verkleinert, sondern auch der wirtschaftlich stärkere Verhandlungspartner benötigt Garantien, um das Niveau seines Produkts oder seiner Dienstleistung halten zu können. Seine Marktakzeptanz ist genau von dieser Güte abhängig, in der es keinen Bruch geben darf, z.B. wenn sich ein neuer Zulieferer erst auf die Bedingungen einstellen muss. Hier können Elemente außerhalb der Preisbildung mittels Preisverhandlung wie Kontinuität, Termintreue, flexible Kapazitäten oder Kooperationen in der Weiterentwicklung die Verhandlung günstig beeinflussen. Beispiele dazu finden sich besonders häufig im Service-Bereich.
Verhandlungspartner aus unterschiedlichen Bereichen
Bei Verhandlungspartnern aus unterschiedlichen Bereichen können kleine Unternehmen gegenüber einem Marktführer durchaus eine gleichwertige Position erreichen. Es muss ihnen „nur“ gelingen, in der Verhandlung ihre Einzigartigkeit und Unersetzlichkeit für den verhandelten Schnittpunkt beider Unternehmensaktivitäten zu begründen. Das setzt natürlich eine starke Verhandlungspersönlichkeit voraus, die insbesondere den Erwartungen eines großen Unternehmens an einen fremden Bereich glaubhaft entsprechen kann.
Persönlichkeit der Verhandlungspartner
Jede Machtposition muss auch umgesetzt werden, sonst ist sie nur Theorie. Die Chance kleinerer Unternehmen ist es, über die Persönlichkeit des Verhandlungspartners einen teilweisen Verzicht auf die Nutzung der Machtposition zu erlangen. Dazu sind genauso psychologische Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich wie bei einem Verhandlungspartner, der eine nicht vorhandene überlegene Machtposition durch konfrontatives Verhalten erreichen will. Beim Verhand
lungstraining ist deshalb die Einstellung auf die Machtposition und die Persönlichkeit eines Verhandlungspartners ein wichtiges Thema.