Das Harvard-Prinzip wurde Anfang der 80er Jahre von dem amerikanischen Rechtswissenschaftler Roger Fisher formuliert und unter dem Titel “Getting To Yes” ein weltweiter Bestseller. Es beschreibt ein neues Verhandlungskonzept, das der modernen Wirtschaftsethik im globalisierten Handlungsrahmen folgt und rasche Verbreitung gefunden hat. Allein in Deutschland erreichte das Buch innerhalb weniger Jahre 20 Auflagen. Der Titel ist mittlerweile eine eingetragene Trademarke.
Die Prinzipien des Harvard-Konzepts
Der Grundsatz: Hart in der Sache – sanft mit dem Menschen
Verhandlungen sind dazu da, dass Menschen gemeinsam eine Problemlösung finden – das ist der simple Ansatz der Harvard-Praktik. Bei ihr geht es nicht darum, eine einzige Meinung durchzusetzen, sondern eine win-win-Situation zu schaffen. Dazu stellt die Harvard-Methode nicht nur logisch-fachliches Instrumentarium für neutrale Beurteilungen zur Verfügung, sondern bezieht auch die Erkenntnisse der Kommunikationswissenschaften ein. Sach- und Beziehungsebenen werden getrennt, Interessen ausgeglichen.
Sachbezogen diskutieren
Das Verhandlungsziel hat oberste Priorität. Probleme und Menschen werden getrennt betrachtet. Das Harvard-Prinzip gibt Raum dafür zu verstehen, warum ein Mensch eine Sache anders wertet als ein anderer. Die Harvard-Verhandlungspraxis schaltet die individuelle Position als Diskussionsgegenstand aus, um die zugrunde liegenden sachlichen Gegebenheiten in den Fokus zu stellen.
Interessen erkennen
Die Position, die ein Mensch in einer Diskussion einnimmt, kann den verschiedensten Einflüssen unterliegen. Für das Harvard-Prinzip ist nur eine Frage wichtig: Welches Interesse steht dahinter? Beide Verhandlungsseiten sollen wechselseitig ihre Interessen erkennen. Warum-Fragen helfen dabei. Wer die Interessen seines Verhandlungspartners kennt, kann Nebenangebote machen, die ihm beim Hauptziel weiterhelfen.
Wahlmöglichkeiten schaffen
Das Harvard-Prinzip ist eine lösungsorientierte Verhandlungstechnik und empfiehlt deshalb beiden Seiten, Lösungsmöglichkeiten zu sammeln. Das wird vor allem dadurch realisiert, dass sich keine Seite auf nur ein denkbares Resultat konzentriert, sondern Kreativität bei Vorschlägen zur Entscheidungsfindung an den Tag legt. Das schließt auch die Gegenseite mit ein. Wenn sich der Kuchen insgesamt vergrößert, haben beide Seiten mehr davon.
Objektive Kriterien anwenden
Unter erfahrenen Verhandlungspartnern kann man von der Kompetenz in der Sache ausgehen. Wenn die eigene Kompetenz höher ist, umso besser. Dann verschafft die Wahl der Informationen, die zur Entscheidungsfindung in die Verhandlung einbezogen werden, einen zusätzlichen Vorteil. Trotzdem sollte immer von belegbaren Angaben ausgegangen werden, um eine tragfähige und dauerhaft Kooperationsbasis zu schaffen.
Weitere Aspekte des Harvard-Konzepts
Um die Anforderungen des Harvard-Prinzips zu realisieren, müssen qualifizierte Kommunikationstechniken angewandt werden. Dazu gehören das aktive Zuhören, gezieltes Fragen, sprachliche Türöffner und eine entspannte Atmosphäre. Fremde Meinungen zu verstehen heißt nicht, sie zu akzeptieren. Eine lösungsorientierte Verhandlungsführung ist keine Aufgabe von Positionen. Im Gegenteil: in dem Maße, wie eine Seite auch die Interessen der anderen Seite reguliert, dominiert sie das Verhandlungsergebnis.
Harvard-Konzept trainieren
Wer nur konziliant gegenüber anderen Menschen auftritt, wird die mit dem Harvard-Prinzip möglichen Verhandlungserfolge kaum erreichen. Denn alle Ebenen, die es beinhaltet, müssen geschickt miteinander verbunden werden. Dabei ist es egal, ob die Verhandler einzeln oder als Team auftreten. In jedem Falle müssen die Harvard-Techniken erlernt und trainiert werden, um sie erfolgreich anzuwenden.