Wenn zwei Verhandlungsparteien aufeinander treffen, treffen meist auch unterschiedliche Arten aufeinander, eine Verhandlung zu führen. Man kann mit festgelegten Positionen in eine Verhandlung gehen oder mit einem starren Ziel, man kann eine konfrontative Strategie betreiben oder eine integrative, gut vorbereitet sein oder nach dem Motto handeln “Mal sehen, was geht” – es betrifft aber eben immer beide Verhandlungspartner. Deswegen gehört eine Angleichung der Verhandlungsführung immer zu den ersten Schritten – dies gilt genauso bei Mediation einer Verhandlung.
Wer führt die Verhandlung?
Um zu einem akzeptablen Ergebnis zu kommen, sind beide Verhandlungsseiten darauf angewiesen, dass sie so agieren, dass Bewegung möglich ist. Jede Seite möchte natürlich diese Bewegung steuern und die Verhandlungsführung im erweiterten Sinne übernehmen. Richtig verhandeln zu lernen bedeutet in diesem Kontext, sich situativ auf den Gegenüber einzustellen und hieraus seine entsprechende Verhandlungsführung abzuleiten.
Konfrontative Verhandlungen
Trifft man auf einen Verhandlungspartner, der eine Konfrontationsstrategie als Verhandlungstechnik “fährt”, ist die Rollenverteilung klar: die eine Seite startet die Angriffe, die andere Seite wehrt ab. Der Nachteil ist, dass die meiste Zeit des Verhandlungsprozesses mit unproduktiven Grabenkämpfen verbracht wird. Vom Führen einer Verhandlung kann keine Rede sein; nicht einmal die offensiv eingestellte Seite hat das Gefühl, die Verhandlung zu führen, so lange die Gegenseite dagegen hält.
Ist die Machtposition der konfrontativen Seite so stark, dass die Gegenseite keinen Spielraum hat, bringt diese Position auch automatisch die Verhandlungsführung inne. Wird die Konfrontationsstrategie unbegründet angewandt, um künstlichen Druck aufzubauen, kann die Gegenseite nur versuchen, diese Strategie zu “entschärfen”. Wenn ihr das gelingt, übernimmt sie allerdings auch die Verhandlungsführung.
Integrative Verhandlungen
Verhandeln beide Seiten ergebnisorientiert, bleibt für die Verhandlungsführung “nur” die Moderatorenrolle. Sie ist aber immer noch bedeutend genug, um das Verhandlungsergebnis beeinflussen zu können. Denn wenn eine Seite die Moderatorenrolle übernimmt, kann sie das Gespräch steuern und die Formulierungen in der Vereinbarungsphase bestimmen. In diese Rolle kommt aber nur derjenige Verhandlungspartner, der sich Zeit für die Interessen der Gegenseite nimmt und versucht, Lösungsmöglichkeiten auszuloten.
Verhandlungen im Team
Wird in Teams verhandelt, gibt es natürlich auf jeder Seite einen Verhandlungsführer (was während eines Verhandlungstrainings im Rahmen von Übungen und Rollenspielen thematisiert wird). Diese führen auf jeden Fall erst einmal ihre Teams, aber ob sie auch die gesamte Verhandlungsführung übernehmen können, hängt maßgeblich von der Qualität der Besetzung und vom Zusammenspiel innerhalb ihres Verhandlungsteams ab. Es darf nicht unterschätzt werden, dass Teams nur sehr selten homogen auftreten, und Verbindungen mit der Gegenseite durchaus möglich sind. Es gibt Verhandlungstypen, die eher in der Sache reagieren als auf die Umsetzung einer Doktrin. Das kann einem guten Verhandlungsergebnis für beide Seiten sehr dienlich sein. Wenn sich eine lösungsorientierte Gemeinschaft bildet, haben immer beide Seiten gewonnen.