Der Erfolg einer Verhandlung hängt stark von den Persönlichkeiten ab, die eine Verhandlung führen. „Kleben“ sie sklavisch an vorgegebenen Zielen oder sind sie auch in der Lage, Entwicklungen in einer Verhandlung zu erkennen, die das Ergebnis zusätzlich positiv beeinflussen oder Ersatz für Zugeständnisse bieten können? Erfolgreich verhandeln heißt aus den Möglichkeiten so viel „machen“, wie nur geht. Wer aber ist ein erfolgreicher Verhandler?
Die Bewertung eines Ergebnisses
Ein Arbeitnehmer hat die angestrebte Lohnerhöhung nicht erreichen können – der Chef hat sich unter vielen Verweisen auf die schlechte Marktlage, Konsolidierungsprozesse in der Firma und etwaigen besseren Aussichten zu einem späteren Zeitpunkt an der längst fälligen Lohnerhöhung „vorbei gemogelt“ (siehe auch „Verhandeln im Job„). Rein rechnerisch ist der Arbeitnehmer der Verlierer, denn sein Lohn hinkt der allgemeinen Entwicklung hinterher und die Inflationsrate macht aus dem gleich bleibenden Betrag ein reales Minus von fast 2 %. Offiziell gilt das Verhandlungsergebnis als Unentschieden, wobei die alte Boxregel, dass der Herausforderer den Titelträger schlagen muss, unterschwellig die Bewertung beeinflusst. Was die Perspektive anbelangt, aber ist der Arbeitnehmer der Gewinner. Denn er hat mit seinem Vorstoß klar gemacht, dass er seine Rechte wahrnimmt, und nicht auf Dauer hingehalten werden kann. Noch so einen „Eiertanz“ um eine Lohnerhöhung herum kann sich kein Chef leisten. Denn natürlich wird das Thema in der Firma öffentlich und die berechtigte Forderung eines Arbeitnehmers kann auf Dauer nicht ignoriert werden, ohne dass die Motivation der Belegschaft sinkt. Wenn der Arbeitnehmer nach einem gewissen zeitlichen Abstand seine Forderung erneut vorbringt, hat er den Sieg schon in der Tasche. Erfolgreich verhandeln heißt also immer auch auf Langfristigkeit setzen.
Erfolgreich verhandeln von unterschiedlichen Positionen
Die Ausgangssituationen für Verhandlungen bestimmen das Ergebnis. In einer so genannten Win-Lose-Situation hat die unterlegene Partei nur die Chance, „im Geschäft zu bleiben“. Eine Verbesserung ihrer Lage ist nicht durchsetzbar. Trotzdem kann das Verhandlungsergebnis ein Erfolg sein, wenn damit z.B. ein Arbeitnehmer in der Rezession seinen Arbeitsplatz erhält oder ein Unternehmer kurz vor der Insolvenz mit großen Liefervolumen seine Liquidität erhält.
Ist die Ausgangslage ausgeglichen, wird bei einem angemessenen Ergebnis jeder Seite den Verhandlungserfolg für sich beanspruchen, obwohl es offiziell keinen Verlierer oder Gewinner gibt – ein ganz normaler Geschäftsabschluss eben. Grund für diese Interpretation sind die internen Schwerpunkte, die jede Seite für sich setzt. Der Verhandlungserfolg wird faktisch gefeiert, ohne dass die andere Seite etwas davon bemerkt.
Erfolgreich verhandeln als Kooperation
Als wirklich erfolgreiche Verhandler können sich Parteien bezeichnen, die gemeinsam in einer Win-Win-Verhandlung ein optimales Ergebnis für beide Seiten gefunden haben. Denn dann haben sie eine Leistung vollbracht, die einen Nutzen über ihr normales Arbeitsgebiet und ihre jeweiligen Firmen hinaus gebracht hat. Wenn es ihnen erst einmal gelungen ist, die Potenziale ihrer Unternehmen so zusammen zu legen, dass für beide Seiten mehr Vorteile entstehen als es die Kraft eines Unternehmens hätte realisieren können, ergibt sich auch die Basis für eine langfristige Kooperation. Erfolgreich verhandeln heißt den langfristigen Erfolg sichern.